Luft wird dünner für österreichische Automobilzulieferer Die europäischen Automobilzulieferer stagnieren im globalen Wettbewerb um Marktanteile – Gewinner ist vor allem China Obwohl sie ihre Ausgaben in Forschung und Entwicklung erhöhen, kommen entscheidende Innovationen nur noch selten aus Europa und immer häufiger aus Asien Vor allem beim Umsatzwachstum und bei wichtigen Zukunftsinvestitionen fallen heimische Zulieferer im Vergleich mit China deutlich zurück Der knappe Zugang zu Kapital setzt Zulieferer zusätzlich unter Druck Um wettbewerbsfähig zu bleiben, muss die Branche flexibler planen, Innovationen fokussierter vorantreiben und mit größerem Risikoappetit investieren Wien, 30. August 2024. Die Automobilzuliefererindustrie in Österreich sowie Europa ringt inmitten der elektromobilen Transformation um ihre globale Wettbewerbsfähigkeit. Im vergangenen Jahr kamen die europäischen Zulieferer demnach zwar auf 20% Weltmarktanteil, allerdings bedeutet das lediglich ein Wachstum von 0,9 Prozentpunkten. Deutsche Zulieferer mussten sogar einen weiteren Verlust von 1,4 Prozentpunkten im Vergleich zu 2020 hinnehmen. Das geht aus der aktuellen „Automobilzulieferer-Studie” von Strategy&, der globalen Strategieberatung von PwC, hervor. Demgegenüber blüht das Geschäft der chinesischen Zulieferer auf: Die Herausforderer aus dem Reich der Mitte konnten ihren globalen Marktanteil im gleichen Zeitraum mit einem Zuwachs von 4,2 Prozentpunkten fast verdoppeln und kamen 2023 bereits auf fast 10% Weltmarktanteil. Insgesamt hat sich die globale Zuliefererbranche im vergangenen Jahr stabilisiert, dennoch fällt sie hinter das Wachstum der Automobilhersteller (Original Equipment Manufacturer, kurz OEMs) zurück. Die OEMs konnten 2023 beim Umsatz um 8% zulegen, die Zulieferer erzielten ein Plus von 3%. Österreichische Zulieferer müssen sich auf neue Marktdynamiken einstellen  Für die angespannte Lage der europäischen Automobilzuliefererindustrie, inklusive der Lieferanten aus Österreich, sind vor allem verspätete und bislang zu zaghafte Anpassungen an die Elektromobilität verantwortlich. Die Transformation der Automobilbranche schreitet in nicht-linearen und teils schwierig berechenbaren Zyklen voran und die Zulieferer ringen noch immer mit den Dynamiken des neuen Markts. Viele Hersteller setzen etwa weiterhin auf lineare Kapazitätsplanung, obwohl die E-Auto-Absätze seit Jahren schwanken. In Deutschland wurden 2023 beispielsweise über 1 Mio. weniger Fahrzeuge produziert als noch 2021 prognostiziert, was einer Fehlkalkulation von mehr als 20% entspricht. Zugleich schaffen es die hiesigen Zulieferer immer seltener, mit lebenswichtigen Innovationen zu punkten. Sie erhöhen zwar ihre Ausgaben für Forschung und Entwicklung, können sich damit aber nicht mehr vom Wettbewerb absetzen und entscheidende Innovationen kommen aus Asien. Gleichzeitig agieren österreichische Zulieferer beim Ausbau sowie der Skalierung neuer Technologien zu zaghaft. Während chinesische Wettbewerber ihre Investitionen in den vergangenen sechs Jahren um mehr als 300% gesteigert haben und das Fundament für den Erfolg von morgen legen, scheuen die österreichischen Zulieferer oft das unternehmerische Risiko. Im Ergebnis zieht die Konkurrenz aus China beim Umsatzwachstum davon – wenn auch noch zu Lasten der Kapitaleffizienz. „Die Automobilindustrie und ihr weit verzweigtes Zulieferernetz haben über Dekaden ein wichtiges Rückgrat der Wirtschaft im deutschsprachigen Raum gebildet. Aktuell gerät dieses fein austarierte System ins Wanken, weil sich grundlegende Dynamiken und Mechanismen der Branche fundamental ändern. Jahrzehntelang erprobte und bewährte Prämissen funktionieren nicht mehr“, sagt Henning Rennert, Studienautor und Partner bei Strategy& Deutschland. „Gleichzeitig beobachten wir, dass der Strukturwandel nicht linear verläuft, sondern sich Bremsperioden und Beschleunigungsphasen abwechseln. Technologische Sprünge, neue Wettbewerber sowie politische Entscheidungen bestimmen das Tempo der Transformation. Zulieferer, die in dieser dynamischen Situation erfolgreich bleiben wollen, müssen sich strategisch neu aufstellen. Sie müssen flexibler auf die volatile Volumenentwicklung reagieren, fokussierter und mit mehr Kundenzentrierung Innovationen vorantreiben und diese auch mit unternehmerischem Risiko skalieren.“ Strategische Agilität ist wichtiger denn je Gerade die kapitalintensive Skalierung wird dabei angesichts angespannter Finanzierungsbedingungen für viele Zulieferer zur Herausforderung. Nach Jahren der Krise und Unsicherheit sind die Möglichkeiten vieler Zulieferer, an Kapital zu kommen, begrenzt. Vor allem kleinere Hersteller kämpfen um die oft schon in wenigen Monaten anstehende Refinanzierung. Umso wichtiger werden strategisch priorisierte Investitionen und neue Partnerschaften – insbesondere mit den OEMs, die ihre EBIT-Margen im Gegensatz zu den dünnen Kapitaldecken der Zulieferer zuletzt steigern konnten. Wenn einst höchst erfolgreiche Zusammenarbeitsmodelle zwischen Automobilherstellern und Zulieferern revitalisiert werden, könnte dies dazu beitragen, fit für eine gemeinsame Zukunft zu werden.  „Die gesamte heimische Automobilindustrie und vor allem ihre Zulieferer stehen aktuell an einem Scheidepunkt, an dem strategische Agilität wichtiger ist denn je. Verbleibende Potenziale aus dem Verbrennergeschäft müssen abgeschöpft und konsequent in Zukunftstechnologien investiert werden. Die hiesigen Zulieferer müssen dabei aus dem Evolutions- in den Innovationsmodus kommen und auch in der Elektromobilität wieder Positionen als Weltmarktführer beanspruchen. Der Schlüssel liegt auch in der neuen Automobilwelt weiterhin in den alten Stärken Ingenieurskunst, Innovation und Geschwindigkeit“, sagt Henning Rennert. „Erfolg in der Elektromobilität erfordert für die Zulieferer allerdings die Bereitschaft, ihre bisherige Wertschöpfung neu zu tarieren und sich an wandelnde Kundenbedürfnisse anzupassen. Dazu braucht es unternehmerisches Denken, Mut und Risikoaffinität. Der globale Konsolidierungswettbewerb ist längst in vollem Gang. Höchste Zeit also, sich von alten Mustern zu verabschieden und in der neuen Automobilwelt anzugreifen.“ Die vollständigen Ergebnisse der „Automobilzulieferer-Studie” erhalten Sie auf Anfrage oder unter: https://www.strategyand.pwc.com/de/automobilzulieferer.html   Über Strategy& Strategy& ist die globale Strategieberatung von PwC. Wir entwickeln individuelle Geschäftsstrategien für weltweit führende Unternehmen, basierend auf differenzierenden Wettbewerbsfähigkeiten. Wir sind die einzige Strategieberatung als Teil eines globalen Professional Services Netzwerks. Unsere Expertise kombinieren wir mit Technologie und erarbeiten daraus eine passende Strategie, die effizient umsetzbar ist. „Strategy, made real“ heißt für uns, den digitalen Wandel voranzutreiben, die Zukunft mitzugestalten und Visionen Wirklichkeit werden zu lassen. 3.000 Strategieberater:innen und mehr als 364.000 PwC-Mitarbeiter:innen in 151 Ländern tragen hierzu mit hochwertigen, branchenspezifischen Dienstleistungen in den Bereichen Wirtschaftsprüfung, Steuer- und Unternehmensberatung bei. Im Jahr 2024 blicken wir auf 10 Jahre Strategy& als Teil des PwC-Netzwerks und mehr als 100 Jahre Tradition als Strategieberatung zurück. Weitere Informationen unter www.strategyand.pwc.com/at.